Seit einigen Jahren hört oder liest man oft die Begriffe „New Work“, „Agiles Projektmanagement“, „Holokratie“ und viele mehr.
Doch was verbirgt sich hinter diesen ganzen Begriffen und wie hängen sie zusammen? Heute geben wir einen Überblick, ordnen die Begriffe ein und gehen der Frage nach, was man unter „New Work“ versteht.
Geprägt hat ein Österreicher den Begriff. Frithjof Bergmann zog als 19-jähriger studienbedingt in die USA, und begann ein Philosophiestudium. Schließlich promovierte er und lehrt bis heute an verschiedenen Universitäten. Er entschied sich gegen einen geradlinigen Lebenslauf, probierte Verschiedenes aus und lebte unter anderem Leben als Selbstversorger auf dem Land, was seine Arbeit später prägen sollte.
In seinen Arbeiten setzte Bergmann sich kritisch mit dem Verständnis von Freiheit auseinander, denn für ihn bestand Freiheit nicht darin sich zwischen einer besseren und einer weniger guten Option zu entscheiden, was er als Entscheidungsfreiheit betrachtete, sondern sich für etwas zu entscheiden, was man wirklich tun will, was er als Handlungsfreiheit deklarierte.[1]

1984 gründete er in Michigan ein „Zentrum für neue Arbeit“, welches Menschen bei ihrer Sinn-Suche und Selbstverwirklichung begleiten sollte. Hintergrund war, dass er mit der zunehmenden Automatisierung in der Automobil-Industrie aus nächster Nähe eine Welle von massenhafter Entlassung miterleben musste.[2]
Bergmann erkannte das Ende der Lohnarbeit und eine Chance für mehr Handlungsfreiheit für Arbeiter*innen, da sich aufgrund der Automatisierung die tägliche Arbeitszeit für alle Erwerbstätigen gekürzt werden könne.
Der Grundstein für den Ansatz der „Neuen Arbeit“ war gelegt. Im Wesentlichen sah er hier drei Säulen, die bei gegebenem Gleichgewicht und Ausgewogenheit untereinander für mehr Zufriedenheit bei den Arbeiter*innen führen würde:
Zum einen die Säule der Erwerbsarbeit, mit der eine finanzielle Absicherung für den Lebensunterhalt geschaffen wird, die Säule der Selbstversorgung, etwa durch selbst angebaute Lebensmitteln und andere Dinge, die gemeinschaftlich mit anderen erzeugt und geschaffen werden können und schließlich die Säule der Selbstverwirklichung, die auch als Sinnsuche, oder eben als Arbeit, der man nachgehen möchte, weil man es wirklich will, umschrieben werden kann.[3][4]

Heutzutage geht es bei dem Begrifft „New Work“ oder „Neue Arbeit“ natürlich nicht mehr um die Massenentlassungen, sondern um Themen wie künstliche Intelligenz und zunehmende Digitalisierung, was an manchen Stellen auch die Frage nach Arbeitslosigkeit bestimmter Berufsgruppen aufwirft.
Vor allem die jüngeren Generationen streben jedoch nach Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung. Vielen Arbeitnehmer*innen widerstrebt das klassische Bild von Arbeit mit strikter Arbeitsteilung und strenger Hierarchie. Einige Unternehmen haben das bereits erkannt und so werben sie in Stellenanzeigen mit flachen Hierarchien und modernen Büros.
Die Haufe Akademie definiert New Work als „den strukturellen Wandel in unserer Arbeitswelt- bedingt durch die Digitalisierung die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse der Generation Y.“ Diese Bedürfnisse beinhalteten in erster Linie mehr Raum für Kreativität und Flexibilität. Starre, hierarchische Strukturen gelten im New Work als verpönt.[5]

Vielmehr geht es um die Förderung und Entwicklung von eigenverantwortlicher Arbeit und der Möglichkeit den verschiedenen Kompetenzen, Interessen und Neigungen der Mitarbeiter*innen gerecht zu werden. Man geht davon aus, dass viele Menschen nicht nur in einem Arbeitsfeld Kompetenzen aufweisen, sondern in mehreren. Auch Buchhalter*innen können Interesse oder Talent für Social Media besitzen und sollten daher die Möglichkeit erhalten projektbezogen die Rolle des Social Media Managers zu übernehmen.
Dieser Ansatz wird teilweise auch im „agilen Projektmanagement“ verfolgt und kann als „Holokratie“ die Unternehmensorganisation darstellen. Auch die, der Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen angepasste, Strukturierung und Gestaltung der Arbeitsumgebung gehören zum Konzept Neue Arbeit wie bspw. Open Space Büros mit Kaffeebar, ein 6-Stunden Tag oder die Arbeit mit Kanban.
Das Berliner (Ex-)Start-Up Einhorn ist ein Vorreiter in Sachen Neue Arbeit. Es gibt dort weder Hierarchien, noch Anwesenheitspflicht und die Gehälter alle Mitarbeiter*innen sind intern offen gelegt.[6]

Dieses Beispiel zeigt das Konzept New Work sollte mehr als Bewegung gesehen werden, bei der es nicht darum geht, ein detailliertes, starres Konzept in Form einer mathematischen Formel anzuwenden, sondern bei der Unternehmen sich den Bedürfnissen ihrer (potentiellen) Arbeitnehmer*innen anpassen. Es handelt sich um ein Konzept, das den Wandel vorantreiben will und somit mit einer Unternehmenskultur vergleichbar ist. Die reine Einführung einer 4-Tage Woche macht ein Unternehmen noch nicht zu einer Organisation der Neuen Arbeit.
Führungsansätze und Arbeitsbedingungen müssen immer wieder neu verhandelt werden, um sich den kontinuierlich verändernden Lebensverhältnissen anpassen zu können. So hat uns auch die seit einem Jahr andauernde besondere Situation vor einige Herausforderungen im Bereich der Arbeitsstrukturierung gestellt. Neue Fragen wurden aufgeworfen und andere Erwartungen seitens der arbeitenden Bevölkerung wurden laut. Arbeit sollte sich an flexible Lebensverhältnisse anpassen, nicht umgekehrt. Dieser Wandel benötigt Zeit und Offenheit bei allen Beteiligten. Neue Arbeit ist unserer aller Aufgabe und wir sollten uns daher immer wieder fragen, was wir oder unsere Kolleg*innen brauchen, um besonders effektiv und zufrieden arbeiten zu können. Ganz im Sinne Frithjofs:
„Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen.
Die Arbeit (…) sollte uns mehr Kraft und Energie verleihen (…),
bei unserer Entwicklung unterstützen, lebendigere, vollständigere Menschen zu werden.“
Frithjof Bergmann in „Neue Arbeit, neue Kultur“
QUELLENVERZEICHNIS
[1] Wikipedia Eintrag „New Work“ – https://en.wikipedia.org/wiki/New_Work
[2] Vodafone Business – https://www.vodafone.de/business/featured/digitale-vorreiter/experten/new-work-definition-und-philosophische-grundlagen-zur-digitalen-arbeitswelt/
[3] Business Insider Lexikon – https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/new-work/
[4] Avantgarde Experts Magazin – https://www.avantgarde-experts.de/de/magazin/new-work/
[5] Haufe Akademie – https://www.haufe-akademie.de/new-work
[6] Horizont Interview – „So funktioniert New Work“ – https://www.horizont.net/marketing/nachrichten/cordelia-roepers-head-of-menstruation-im-interview-so-funktioniert-new-work-bei-einhorn-185772